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Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung

FAZ v. 22. 11. 2006: Feuilleton "Wir sind die Verbrecher" von Guillaume Paoli
Von Dr. phil. Wolfgang Thüne
(für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Beitrag wurde nicht veröffentlicht.)

Sehr geehrte Damen und Herren,
gestatten Sie mit einigen Tagen Verspätung einen Leserbrief zu obigem Artikel:

Mich wundert nicht, mit welch unbedarfter Leichtigkeit Paoli uns alle zu "Verbrechern" abstempelt. Mehr schon wundert mich, daß sich kein Sturm im Blätterwald erhoben hat, kein Mensch auf die Barrikaden geht und die Revolution gegen die Pauschaldiffamierung ausruft. Wenn von einer "Versteppung des Gewissens" geredet wird, dann trifft dies auf den Autor zu, der, erdrückt und erstickt von der Last der "täglichen Nachrichtenflut", ohne eigene geistige Frischluftversorgung lebt und bar jedweden Fachverstandes kritiklos Fremdmeinungen übernimmt und gläubig verinnerlicht, um dann zu versuchen, sein ureigenstes schlechtes Gewissen durch eine Kollektivverurteilung zu entlasten.

Wenn von einer "seltsamen Ursachenverkehrung" fabuliert wird, dann liegt das daran, daß der Autor nicht zwischen Wetter und Klima zu unterscheiden versteht. Nimmt man die Definition von Julius Hann (1906), "unter Klimatologie verstehen wir die Lehre vom durchschnittlichen Verlauf der Witterungserscheinungen an den verschiedenen Punkten der Erdoberfläche", so wird leicht ersichtlich: Vom Klima ist noch nie eine Gefahr ausgegangen und wird auch nie eine Gefahr ausgehen. Vor dem Klima braucht der Mensch auch keine Angst zu haben, an ihm kann er sich nicht versündigen. Der Mensch kann sich auch nicht am Wetter versündigen, gleichwohl kann er die Meinung vertreten, dass jedwede Wetterkapriole eine Strafe der "Wettergötter" für seine Sünden ist. "Klima" ist nichts anderes als ein statistisches Konstrukt, in dem alles Wetter mit all seinen normalen Schwankungen zu einem undefinierbaren "mittleren Wettergeschehen" verdichtet ist.

Im Gegensatz zum Wetter hat "Klima" keine Realität, es ist eine Fiktion eines irgendwie gearteten "Gleichgewichtszustandes". Fürchten müssen wir das stets wechselhafte Wetter. Alle Bemühungen, das künftige Wetter vorauszuberechnen, sind Versuche, die Anpassung an das künftige Wetter zu erleichtern, denn ändern kann der Mensch das Wetter nicht. Dies betrifft insbesondere genaue Warnungen vor Glatteis und Nebel auf den Straßen. Sind die Autofahrer Verursacher oder Opfer? Befreit von dem garstigen Störenfried Wetter können die Klimaexperten ihrer Phantasie freien Lauf lassen und jedes Weltuntergangsszenario so programmieren, wie es von den Auftraggebern gewünscht wird. Doch alle diese Experten haben ihre Berechnungen ohne den Wirt, das Wetter, gemacht. Sie haben die Warnung von Julius Hann verdrängt, der gleichfalls sagte: "Das Wetter liefert die Bausteine des Klimas."

Und das Wetter hat Jahr für Jahr einen völlig anderen Verlauf, allein wie der Vergleich des vorjährigen mit dem diesjährigen November zeigt. Alles ist schon einmal da gewesen, wie ein Blick in das Kosmos-Bändchen "Das Wetter in Deutschland" von Richard Hennig von 1947 zeigt: "Ähnlich warm wie an den Weihnachtstagen 1868 war das Jahresende 1822, und am 2. Weihnachtsfeiertag 1839 las man sogar oben auf der Schneekoppe einen Thermometerstand von +10°C ab und konnte im Sonnenschein spielende Insekten wahrnehmen. Auch in neuester Zeit ist ähnliches in den dreißiger Jahren wiederholt vorgekommen. Zu Weihnachten 1932 blühten im Rheinland Tausende von Rosen, und in Süddeutschland krochen Maikäfer aus. Um Weihnachten 1934 grünten am Rhein Sträucher, die Rosen setzen Knospen an, in Ostpreußen gab es Himbeeren, in Cranz pflückte ein Schneidermeister Birnen, bei Liegnitz wurde eine zweite Gerstenernte eingebracht und der Berliner Botanische Garten machte mit blühenden Primeln und chinesischem Jasmin einen fast sommerlichen Eindruck..."

Was wir dringend brauchen, ist eine Revolution des Denkens, eine Rückkehr zur Vernunft, eine Orientierung an den Naturtatsachen, ist mit Kant der Mut der Aufklärung, aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszutreten und den eigenen Verstand zu benutzen. Der intellektuelle Größen- und Machbarkeitswahn scheitert an der Unmachbarkeit des Wetters!"

Ich wäre aus Allgemeininteresse für eine Veröffentlichung sehr dankbar und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Thüne

2007-01-11 10:13

Name:  Dr. phil. Wolfgang Thüne
Beruf: Diplom Meteorologe
E-Mail:  Wolfgang@thuene.com
Anschrift: 55276 Oppenheim, Bädergasse 67
Dieser Beitrag darf nur Mitzustimmung des Autors verändert werden. 

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